Symposium Wissenschaftskommunikation
Open Access, Integrität in der Forschung und Best Practices für die Kommunikation gehörten zu den Themen, die auf dem Symposium zur Wissenschaftskommunikation diskutiert wurden, das am Freitag, dem 15. September, an der University of California, Berkeley, stattfand. Moderiert von Dr. rer. nat. Julia Schaletzky, Leiterin des Harry Wheeler Center for Emerging & Neglected Diseases (CEND) an der UC Berkeley, begann das Symposium mit einer Keynote des Nobelpreisträgers Prof. Dr. Randy Schekman (Medizin, 2013). Auch Generalkonsul Oliver Schramm begrüßte die Teilnehmer und betonte die Bedeutung der Wissenschaftskommunikation für die Entwicklung unserer Gesellschaft.
Im Anschluss an die Keynote ging es bei der Veranstaltung um die Schwierigkeiten, mit denen Wissenschaftler bei der Verbreitung ihrer Ergebnisse konfrontiert sind, um die Notwendigkeit, unterschiedliche Perspektiven in der Forschung zu fördern, und um die Frage, wie die wissenschaftliche Gemeinschaft das Vertrauen in ihre Arbeit besser wiederherstellen kann. In Zeiten, in denen Angst und Desinformation ihre Botschaft verwirren, müssen Wissenschaftler proaktiv kommunizieren, wie ihre Forschung zum besseren Verständnis beiträgt und eine verantwortungsvolle Politik prägt.
In seinen Ausführungen stellte Schekman fest, dass Milliarden von Steuergeldern öffentliche Forschung finanzieren, die Öffentlichkeit und selbst wissenschaftliche Mitarbeiter jedoch keinen Zugang zu diesen Forschungsstudien haben. Schekman argumentierte, dass die Ursache hierfür die Politik großer Verlage sei, die exorbitante Lizenzgebühren erheben und die Anzahl der veröffentlichten Artikel begrenzen, um ihre Exklusivität aufrechtzuerhalten.
Viele Postdoktoranden und Nachwuchswissenschaftler investieren Jahre, Geld und endlose Arbeitsstunden in die Hoffnung, in einer dieser Zeitschriften veröffentlichen zu können. Dieser Druck zur Veröffentlichung hat dazu geführt, dass einige ihre Datenergebnisse herauspicken oder verfälschen, was die Integrität der wissenschaftlichen Forschung gefährdet. Diese Probleme sind systemischer Natur: Insbesondere Zeitschriften wie „Nature“ und „Science“ haben kürzlich mehrere spektakuläre Widerrufe herausgegeben. In einem späteren Panel diskutierte Schekman zusammen mit seinen Kollegen Neil Gilbert, Professor an der School of Social Welfare, und Smriti Mehta, Forscherin am Department of Psychology, einige Auswirkungen der Open-Access-Erweiterung, wie etwa die Gewährleistung strenger Peer-Review-Prozesse und Qualitätsprüfung von Zeitschriften. Sie diskutierten darüber, dass Messgrößen, die traditionell zur Bewertung von wissenschaftlichen Publikationen verwendet werden, wie z. B. Impact-Faktoren, erhebliche Mängel aufweisen und wie sich aktuelle Messgrößen, wie z. B. Social-Media-Follower, manchmal auf die Karriere eines Forschers auswirken können. Darüber hinaus ist die Veröffentlichung von Forschungsergebnissen in einem akademischen Ökosystem ein Privileg und unterscheidet sich von der Forschung im privaten Sektor, die oft im Unternehmen verbleibt, bis ein Produkt auf den Markt gebracht werden kann.
Das dritte Panel, an dem Martin Storksdieck, Professor an der Oregon State University, Brandon Brown, Professor an der University of San Francisco, und Sabeeha Merchant, Professorin an der UC Berkeley, teilnahmen, befasste sich mit der Rolle der Vermittlung von Wissenschaft in die breite Öffentlichkeit. Sie betonten die Verantwortung der Wissenschaftler, die Öffentlichkeit über ihre Arbeit aufzuklären. Insbesondere sollte die Wissenschaft nicht von der Gesellschaft losgelöst werden und Wissenschaftler sollten ihre Lehrfähigkeiten schon früh in ihrer Karriere ausbauen. Merchant betonte, wie wichtig es sei, professionell zu kommunizieren und sich auf das Publikum einzustellen. Sie stellte fest, dass einige technische Experten, die in der Kommunikation nicht geschult sind, möglicherweise Formulierungen verwenden, die ihr Publikum verwirren oder im schlimmsten Fall ihre Mission untergraben. Auf dem Panel ging es auch um die Bedeutung der Förderung einer gesunden Kultur in Forschungslabors. In intensiven Forschungsumgebungen überwiegt oft die individuelle Leistung, während Teamarbeit wenig honoriert würde.
Das abschließende Panel, an dem auch Elena Conis, Professorin an der UC Berkeley School of Journalism, teilnahm, betonte die Bedeutung der Aufklärung der Öffentlichkeit über Wissenschaft durch Journalismus. Sie erklärte, dass Journalisten neugierig auf Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zugehen sollten und nicht zögern sollten, Fragen von Journalistinnen und Journalisten zu beantworten, auch von weniger renommierten Fachzeitschriften. Viele kleinere Medien haben unterschiedliche Zielgruppen, und durch den Aufbau von Beziehungen zu Journalisten können Wissenschaftler einen viel umfassenderen Beitrag zum Gemeinwohl leisten. Tatsächlich ist wissenschaftliche Forschung ein methodischer Prozess, der oft zu revidierten Schlussfolgerungen führt; Dies steht wiederum oft im Widerspruch zur öffentlichen Forderung nach unmittelbaren Antworten, zur Vereinfachung und zur Bestätigung vorgefasster Überzeugungen.
Darüber hinaus befassten sich die Diskussionsteilnehmerinnen und -teilnehmer mit dem Problem der Zensur echter wissenschaftlicher Debatten durch sogenannte „Faktenprüfer“, denen unangemessene Befugnisse zur Interpretation eingeräumt werden. Schaletzky erklärte, dass diese „Faktenprüfer“ oft nicht für die Entscheidungsfindung qualifiziert seien und nicht in der Lage seien, zwischen normaler wissenschaftlicher Debatte, Fehlinformationen, die ein ehrlicher Fehler seien, und Desinformationen, die falsch und böswillig seien, zu unterscheiden. Im Gegenteil steht eine von Politikern gewünschte „stromlinienförmige“ Botschaft grundsätzlich im Widerspruch zum wissenschaftlichen Prozess. Es muss darauf geachtet werden, dass legitime wissenschaftliche Skepsis und Kritik nicht unter dem Vorwand des „Beibehaltens der Botschaft“ zum Schweigen gebracht werden. Andernfalls kann eine „gestraffte“ Kommunikation eine echte wissenschaftliche Debatte unterdrücken und die Integrität des wissenschaftlichen Establishments und das Vertrauen in die Wissenschaft gefährden.
Die Veranstaltung endete mit abschließenden Bemerkungen von René Haak, Leiter der Wissenschaft und Technologie der Deutschen Botschaft in Washington DC. Er wies darauf hin, dass Wissenschaftskommunikation in unserer modernen Gesellschaft eine entscheidende Rolle spielt, indem sie die Lücke zwischen komplexen wissenschaftlichen Erkenntnissen und der breiten Öffentlichkeit – der Zivilgesellschaft – schließt. Da wissenschaftliche Erkenntnisse oft komplex sind und einer Vereinfachung ohne Einbußen bei der Genauigkeit bedürfen, stellt es für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und Journalistinnen und Journalisten eine große Herausforderung dar, die richtige Balance zu finden. Er betonte, dass dieses Gleichgewicht ein Lernprozess sei, der gepflegt werden müsse. In einer Zeit, in der sich Nachrichten schnell verbreiten, müssen wissenschaftliche Erkenntnisse mit anderen Nachrichten um Aufmerksamkeit konkurrieren. Aufsehenerregende Berichterstattung kann die Integrität wissenschaftlicher Informationen gefährden. Mit anderen Worten, die Integrität der Wissenschaft müsse im Rahmen einer gezielten Wissenschaftskommunikation gewahrt bleiben. Er machte deutlich, dass Fehlinformationen über wissenschaftliche Themen leicht verbreitet werden, was zu Verwirrung und Skepsis führt. Kritik an etablierten wissenschaftlichen Erkenntnissen kann das Vertrauen in die Wissenschaft untergraben. Daher ist es wichtig, dass wir uns weiterhin dem Thema Vertrauen in die Wissenschaft widmen.
Die Veranstaltung endete mit einem Mittagessen im Li Ka Shing Center der UC Berkeley, wo die Teilnehmerinnen und Teilnehmer noch lange blieben, um sich persönlich mit den Rednern auszutauschen. Der vorangegangene Abendempfang in der Residenz des deutschen Generalkonsuls und das ganztägige Symposium wurden gefördert und organisiert vom Harry-Wheeler-Center for Emerging and Neglected Diseases an der UC Berkeley, dem DWIH San Francisco, der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), den Deutschen Historischen Institut (DHI), der Deutschen Botschaft in Washington D.C. und dem Deutschen Generalkonsulat in San Francisco. Im Anschluss an das Symposium waren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zur Eröffnung der Ausstellung „Faszination Wissenschaft“ der deutschen Künstlerin Herlinde Kölbl (in der Lobby des Li Ka Shing) eingeladen.
Fotos von der Veranstaltung finden Sie hier.